Ingmar Björn Nolting

Hinter Fassaden

Gewinner
emerge Visual Journalism Grant 2018

In einem Wohnkomplex am Rande der Göttinger Innenstadt existieren Lebensrealitäten, über die nicht berichtet werden und zu denen Außenstehende keinen Zugang haben. Lebensrealitäten, die das Auseinanderdriften sozialer Schichten in Deutschland zeigen. Hinter Stahlbetonfassaden verborgen liegen so verschiedenste individuelle Lebensgeschichten, gehalten in gesellschaftlicher Isolation.

Ingmar Björn Nolting hat sich über Monate hinweg Zugang zu den Hausbewohnern verschafft, Vertrauen aufgebaut und recherchiert. Um seinen Arbeitsprozess zu intensivieren, ist der Fotograf nun selbst in den Wohnkomplex gezogen. Seine Bilder erzählen vom Alltag und der Gefühlswelt der Bewohner. Mit seinem Projekt möchte er für die Geschichten der Menschen vor Ort sensibilisieren, die aus dem Blickfeld der Öffentlichkeit verschwunden sind und es schwer haben in gesellschaftlichen Debatten wahrgenommen zu werden.

Julia's* Wohnung an ihrem 27. Geburtstag. (* Name wurde geändert)
© Ingmar Björn Nolting
Tanja* und ihr Ex-Freund Christian* nach dem Konsum von MDMA. Zu diesem Zeitpunkt waren sie bereits seit drei Tagen wach. Früher waren sie ein Paar und lebten zusammen. Heute ist Christian in Langzeittherapie und Tanja ist in eine neue Wohnung im 10. Stock umgezogen. (* Namen wurden geändert)
© Ingmar Björn Nolting
Jan* benutzt die Waschmaschinen zum ersten Mal. Er wollte in sauberer Kleidung in die Psychiatrie gehen. Nach wochenlangem übermäßigem Konsum von Cloud-9 und Heroin entwickelte er starke psychotische Symptome und entschied sich für eine Entzugsbehandlung. (* Name wurde geändert)
© Ingmar Björn Nolting
Während seines Studiums hatte Martin* einen schweren Unfall. Wegen eines Feuers musste er aus dem Fenster seiner Wohnung springen. Er hat sich von diesem Unfall nie ganz erholt. Heute lebt er von Sozialhilfe und ist arbeitsunfähig. (* Name wurde geändert)
© Ingmar Björn Nolting

Ingmar Björn Nolting

*1995, studiert Fotografie an der Fachhochschule Dortmund. Seit seiner ehrenamtlichen Tätigkeit in der Obdachlosen-, Blinden- und Jugendarbeit, beschäftigt sich Ingmar in seiner fotografischen Arbeit überwiegend mit sozialdokumentarischen Themen. In meist langfristig angelegten Projekten versucht er zu verstehen, wie seine Protagonisten denken, fühlen und interagieren – zu verstehen, was ihr Leben ausmacht. 2018 wurde Ingmar Björn Nolting unter anderem für die Canon Masterclass „Visa pour l’image“ in Perpignan ausgewählt und als Finalist bei den LuganoPhotoDays in der Kategorie Nachwuchspreis ausgezeichnet.